Tuesday, July 25, 2017

Hochtour - Vent - Breslauerhütte 2844m - Wildspitze 3770m 17.07-19.07.2017


Das Material ist zuhause, mit Steigeisen gehen wurde in Norwegen perfektioniert, und die Spaltenbergung wurde mehrere male geübt. Damit sind alle Vorraussetzungen erfüllt, also heißt es nach oben, über die 3500hm und rein in eine ganz andere Welt des Bergsteigens.
Patrick war vor sechs Jahren schon mal auf einer Hochtourenwoche, damals allerdings ohne Gipfel als Ziel, und für mich war die Gletscherlandschaft etwas ganz neues. Also hieß es für uns schon ein paar Wochen davor mit den Vorbereitungen anzufangen, alle möglichen Szenarien durchzuspielen, Packlisten zu schreiben und wieder zu überarbeiten, Berge recherchieren und ein paar Berge als training zu machen. Trotz der ganzen Vorbereitungen waren wir uns noch immer nicht ganz sicher wie es uns über 3000m geht und welcher Berg wohl der beste wäre. Sollte also nicht zu anspruchsvoll sein aber uns doch etwas bieten. Die Wildspitze ist mit 3772m der zweit höchste Berg österreichs, liegt zwar ein bisschen versteckt, ist aber gut zugänglich. Die Hütte liegt auf 2844m und ist leicht zu erreichen, die Wegfindung ist nicht kompliziert und es sind immer einige Leute auf dem Weg zum Gipfel(was natürlich Vor und Nachteile hat, aber trotzdem zusätzliche Sicherheit gibt). Damit sind alle Bedingungen erfüllt die für eine erste richtige Hochtour wichtig sind. Also warteten wir das nächste Schönwetterfenster ab und los gings ins Ötztal richtung Vent. Zuerst wollten sich uns noch ein paar weitere Geckos anschließen, doch daraus wurde dann leider nichts.

Wildspizte 3772m 18.07.2017
hier habt ihr ein Flickr-Album mit noch mehr Fotos

1. Tag

Nach einer Nacht mit wenig schlaf fuhren wir um 4:40 Uhr los und kamen dann mit einigen ungewollten Umwegen um 12:30 Uhr in Vent an. Das Parken in Vent ist so eine eigene Geschichte, viele Parkplätze sind nur für Hotelgäste und die zwei für jeden zugänglichen Parkplätze die leicht zu finden sind waren auch sehr voll. Der Erste befindet sich am Anfang von Vent zur rechten(4€ pro Tag) und der zweite, für den wir uns auch entschieden haben ist direkt an der Liftstation(5€ pro Tag). Den Rucksack vollgepackt(~13.5kg), übermüdet und der prallen Mittagssonne ausgesetzt, entschieden wir uns doch die ersten 500hm abzukürzen und nahmen die Seilbahn nach oben(10,30€ Bergfahrt, 13€ Berg und Talfahrt, 8,50€ Talfahrt. je pro Person).


Ab der Bergstation auf 2365m konnte ich mich dann das erste Mal in Ruhe umschauen und den Ausblick genießen, und der war jetzt schon der absolute Wahnsinn. Überall herum Gipfel nach Gipfel alle über 3000m, Gletscher um Gletscher, die dazugehörigen Gletscherbäche und auch der Blick zurück auf Vent kann sich sehen lassen.


Die Breslauerhütte

2. Tag

Nach einem guten und ausgiebigen Frühstück, und nach mehrmaligem kontrollieren ob wohl alles wichtige im Rucksack ist begannen wir um 6 Uhr bei klarer Sicht und gefühlten 10-15°C den Aufstieg. Der erste Abschnitt besteht aus sehr viel Geröll und großen Steinen und zieht sich in etwa 3km bis zum Mitterkarjoch, erst am Ende des Tals hat man das erste Mal Schnee/Eis kontakt, was leider zeigt wie weit die Gletscher schon zurück gegangen sind.
Auch der Normalweg aufs Mitterkarjoch hat sehr wenig Schnee und wirkt relativ brüchig, weshalb der Alpenverein vor ein paar Jahren einen in etwa 150m langen Klettersteig eingerichtet hat.

Das ganze Tal liegt in der Früh schön im Schatten wodurch es noch nicht so warm ist, das ermöglicht einen gemütlichen Start.

Wir legten am Anlegeplatz, kurz bevor es steiler und ernst wird und der Weg seine Richtung nach rechts zum Mitterkarjoch ändert unsere Gurte an. Zwei große Gruppen waren vor uns, welche jedoch unterschiedliche Wege wählten, eine Gruppe ging direkt über die Eisplatte nach oben, die Zweite entschied sich links daran vorbei übers Geröll/Blockfeld zu gehen.


Da standen wir nun, die Steigeisen in den Händen haltend mit fragendem Blick. Am Vortag hatten wir noch besprochen das wir am liebsten bis aufs Mitterkarjoch ohne Steigeisen und Seilfrei gehen wollten um keine unnötig Zeit zu vergeuden. Also clipptend wir die Steigeisen in unser Caritool und entschieden uns für die linke Variante.

Im nachhinein eine riesen Fehlentscheidung, es wäre viel besser, schneller und weniger mühsam gewesen einfach die Steigeisen anzuziehen und gerade über die Eisplatte nach oben zu ziehen. Der linke Weg war viel steiler, sandiger, rutschiger als es von unten aussah, ja zum Teil war er sogar vereist. Selbst die großen Blöcke waren oft nicht fest, einen guten Tritt zu finden war schwierig. Am Ende des Blockfeldes, machten wir eine kurze Pause und teilten uns einen Müsliriegel. Wir mussten gegen unsere Hoffnung trotzdem Steigeisen anlegen, der Schnee war in der Früh noch recht hart und trotz gut ausgetretener Spuren ist die Rinne im oberen Teil doch schon recht steil. Hier wurden wir von einer Bergführerin und ihren zwei Kunden, welche sie am kurzen Seil führte überholt, sie hatten sich unten in eine Seilschaft eingebunden und für das Eisfeld entschieden. Wir haben hier wohl über eine halbe Stunde Zeit verloren, was allerdings kein Problem war denn wir waren deutlich schneller wie die zwei großen Gruppen vor uns, das heißt spätestens am Klettersteig wären wir sowieso im Stau gestanden, also besser hier gemütlich ein päuschen.

Als wir zum Klettersteig kamen mussten wir nur kurz warten, zwei Leute befanden sich gerade im Abstieg, die beiden größeren Gruppen vor uns waren schon fast weg und die Bergführerin war wirklich zügig unterwegs. Bis dahin waren alle wirklich sehr rücksichtsvoll und vorbildlich unterwegs. Der Klettersteig ist recht einfach und auch mit Steigeisen super zu bewältigen. Im oberen Teil trafen uns die ersten Sonnenstrahlen und es wurde schnell wärmer.

Am Ende des Klettersteigs, wenn man zum ersten Mal über die Geländekante kommt eröffnet sich eine völlig neue Welt, man hat einen genialen Blick auf den Taschachgletscher der sich vor einem erstreckt und seinem Namen wirklich noch alle Ehre macht. Ein unvorstellbarer Fernblick, Schnee und Eis so weit das Auge reicht. Man fühlt sich zurückversetzt in eine andere Zeit, ja in eine andere Welt, den riesigen Gletscher den man zuvor nicht sehen konnte und hunderte Gipfel die bis dahin versteckt lagen kamen nun ins Blickfeld. Es war 9:03 Uhr als wir aus dem Klettersteig ausstiegen und die Sonne strahlte uns entgegen. Nachdem sich das Joch auf 3470hm befindet sieht man rundherum auch immer mehr von den verschiedenen Gletschern die von weiter unten nicht in dieser Form zu erkennen ja nicht einmal zu erahnen waren.


Jetzt heißt es anseilen und aufpassen, zu unseren linken liegt der Hinteren Brochkogel, der seinem Namen gerecht wird und permanent Steine nach unten wirft. Auf den Fotos nicht ganz so gut zu erkennen, aber der Gletscher ist von Spalten durchzogen. Die Satellitenfotos von Google-Maps und alpenvereinaktiv zeigten, dass bei unserer Planung sehr deutlich, auch in der Alpenvereinskarte - 30/1 - Ötztaler Alpen - Gurgel sind die Spaltenzone gut zu sehen. Ein genaue Karte ist am Gletscher extrem wichtig, ein Screenshot von Bergfex tuts hier wirklich nicht mehr!


Langsam merken wir auch die Höhe von 3500m, jeder Schritt ist etwas anstrengender als normal und wir wundern uns, dass wir bei dieser leichten Steigung schon ins schnaufen kommen. Man bekommt relativ schnell ein Gefühl für den Gletscher, dafür wo sich die Spalten durchziehen, wo man Vorsichtig sein muss und das ein kleiner Umweg um eine Spaltenzone zu umgehen, es immer wert ist. Wir sind ein wenig überrascht wie wir über die Spalten steigen und die ersten Einbruchsspuren sehen, die Schneebrücken sind dünn geworden, die Spalten aber zum Glück nicht allzu breit, wir schären ein wenig aus den ausgetretenen Spuren aus, sondieren das Gelände mit dem Pickel und ziehen zügig, mit federleichten Gedanken und bei voller Seildisziplinen auf den Bergrücken, wo es auch schon wieder flacher wird, der Weg gibt ab hier auch das erste mal einen schönen Ausblick auf den Gipfel frei auf den man sich zubewegt. 500m liegen noch vor uns bevor wir den letzten Gipfelaufschwung und eine weitere Schlüsselstelle erreichen, wir waren die ganze Zeit von der Firnflanke vor dem Klettersteig bis zum letzten steinigen Gipfel mit Steigeisen und Pickel unterwegs.


Am Blockfeld unter dem Gipfel angekommen stellt sich nun die Frage, ob man den gleichen Weg zurück gehen will, oder ob man eine Überschreitung geplant hat. Ansonsten kann hier eigentlich die ganze Ausrüstung zurückgelassen werden. Den letzten Aufschwung zum Gipfel empfand ich als viel einfacher als befürchtet, es war zum großen Teil ein guter ausgetretener, sandiger Weg. Während wir über die letzten Steine aufstiegen lag der Gipfel von einer Wolke verdeckt, doch nachdem wir ~15min vor der letzten Schlüsselstelle, einem schmalen Band mit schlechtem Griff, warten mussten bis zwei Gruppen vom Bergführer durch einen Köpfel gesichert herunten waren, hatten wir am Gipfel eine wunderbare Aussicht und konnten die Zeit fast alleine dort oben genießen. Nur Eine kleine Gruppe weilte in der Scharte zum Nordgipfel, hinter uns kam dann die dreier Gruppe mit der Tiroler Bergführerin.


Kurz danach sollte der Tag für uns einen unerwarteten Lauf nehmen, die kleine Gruppe wollte unseren Aufstiegsweg absteigen. Fragte jedoch die Bergführerin nach einem Alternativweg durch den Rofenkarferner. Welchen sie ihm dann auch ausführlich beschrieb. Da wir keine besondere Lust hatten den gleichen Weg wieder zurück zu gehen und den Klettersteig abzuklettern, fragten wir mal vorsichtig nach ob es wohl ok sei, wenn wir ihnen mit genügend Abstand/Freiraum über die Alternativroute folgen würden. "Jo, sicha koa problem" und so wurde dieser Hochtourentag auf die Wildspitze, zu einer Überschreitung, über die genialste, beeindruckendste Route durch eine fast unberührte Gletscherlandschaft, mit Firnschnee, 60° Steilflanken und einem Blankeis-Gletscherspalten-Labyrinth, welches seines gleichen sucht.


Einen guten Weg durch den Rofenkarferner zu finden ist wirklich schwierig, vorallem weil dort oft keine Wegspuren vorhanden sind, in den Karten und recherchen hatten wir den Weg gar nicht gefunden, oder einfach übersehen, zudem ist der Weg länger und mit großen Spalten durchzogen. Es gibt also einen guten Grund warum er zumeist nur von heimischen Bergführer/innen begangen wird, welche das Gebiet in und auswendig kennen. So folgten wir der Dreierseilschaft mit genügend Abstand, genossen den restlichen Tag und versuchten so viel wie möglich von dieser unbeschreiblich schönen, gewaltigen Umgebung aufzusaugen.
Als kleines Dankeschön an die Drei, ging die Runde Getränke, bei der Nachmittagsjause auf der Breslauerhütte auf uns. Wir genossen die letzten Sonnenstrahlen und lauschten den spannenden Geschichten, unserer Bergkameraden.


3. Tag

"Ausschlafen war gestern? Häm, nee vor 4 Tagen". Der Wecker klingelt schon wieder um 4:45 Uhr, Alex hatte echt instinkt bewiesen, auch wenn er sich weigerte seinen Rucksack noch am Vortag zu Packen. So hieß es Frühstücken, Packen und Abstieg. In nur 1h36min waren wir auch schon beim Auto, exakt um 8:01Uhr begann es, ich schwöre euch aus heiterem Himmel zu Regnen. Wie ihr selbst auf den Fotos sehen könnte waren wir den ganzen Abstieg bei schönstem Wetter unterwegs, während sich die Wolken von Norden über den Bergkamm drückten.


Nun standen noch 7h Heimfahrt auf dem Programm. Vielen dank nochmal an dieser Stelle an die Bergführerin und ihre 2 Begleiter, für diese tolle Überschreitung.

Timetable für 3 Tage:


No comments:

Post a Comment